Die Meinung der Wissenschaftler über die Bedeutung des von Rindern produzierten Methans auf den Treibhauseffekt geht weit auseinander. Nach neuester Schätzung geht man davon aus, dass Methan etwa 14-18 Prozent der Treibhausgase ausmacht und dass Wiederkäuer davon die Hälfte abgeben. Kühe produzieren im Schnitt 150 bis 200 Liter Gas pro Tag und die Gase treten größtenteils durch Rülpsen aus dem Maul aus. Was ist der Grund weshalb Rinder, Schafe, Ziegen und andere Wiederkäuer soviel mehr Abgase ausstoßen als andere Tiere und der Mensch? Um das zu verstehen, muss man wissen, dass Wiederkäuer eine vollkommen andersartige Art der Verdauung haben.
Mikroorganismen spielen dabei die wichtigste Rolle. Während Wiederkäuer genau wie wir, einen Teil ihrer Energie und ihrer Baustoffe über die Nahrung aus dem Abbau von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten beziehen, besitzen sie jedoch die Fähigkeit zusätzlich Cellulose zu verwerten, dem wichtigsten Baumaterial von Pflanzen. Für Menschen ist Cellulose nicht verwertbar, spielt jedoch als Ballaststoff für den Verdauungsprozess eine wichtige Rolle. Wiederkäuer haben einen zusätzlichen Magen, den Pansen. In diesem befindet sich eine riesige Menge von Mikroorganismen (bis zu zehn Milliarden Mikroorganismen pro Milliliter Pansenflüssigkeit). Diese bauen nicht nur Kohlenhydrate ,Proteine und Fette, sondern auch Cellulose und andere Stoffe wie Pektin zu Fettsäuren, Methan und Kohlendioxid ab. Verschiedene Mikroorganismen spielen bei der Verdauung im Pansen eine Rolle, doch zwei Bakterienarten, Bacteroides succinogenes und Ruminococcus albus leisten den Hauptanteil bei der Zerlegung von Cellulosemolekülen.
Der Pansen ist bei den Wiederkäuern der erste Teil des Verdauungstraktes und fasst bei Rindern 100-150 Liter. Die aufgenommene Nahrung wird in kreisender Bewegung mit den vorhandenen Mikroorganismen vermischt und verbleibt hier mehrere Stunden. Cellulose und andere Bestandteile vergären schrittweise. Von dort wird die vorverdaute Nahrung in den Netzmagen, einem Teil des Vormagens transportiert. Dort
Magen eines Hausrindes. a: Speiseröhre b: Pansen
c: Netzmagen d: Blättermagen e: Labmagen f: Darm
verklumpt sie zu kleinen Stücken, die wieder hochgewürgt
und ein zweites mal gekaut werden. Daher die Bezeichnung Wiederkäuer. Dieser noch einmal durchgekaute Nahrungsbrei wird wieder abgeschluckt, geht jedoch einen anderen Weg. Er landet im eigentlichen Magen des Tieres. Hier sowie in den nachfolgenden Verdauungsabschnitten übernehmen Verdauungsenzyme und andere Mikroorganismen-Arten ähnliche Aufgaben wie bei Nicht-Wiederkäuern.
Neben Ruminococcus albus und Bacteroides succinogenes die eine zentrale Rolle beim Abbau von Cellulose zu Zucker spielen, sind Bacteroides amylophilus und Succinomonas amylolytica für den Abbau von Stärke im Pansen zuständig, sowie das Bakterium Lachnospira multiparis, das ein Enzym bildet, welches Pektin anzugreifen vermag. Ein weiteres Bakterium Methanobrevibacter ruminantium, wandelt Wasserstoffgas, eines der primären Gärungsprodukte, in Methan und Kohlendioxid um. Nicht das Futter, sondern die Mikroorganismen im Pansen des Wiederkäuers sind die Hauptquelle für Vitamine und für Aminosäuren zum Aufbau von Proteinen. Viele der im Pansen vorhandenen Mikroorganismen werden im Verdauungstrakt selbst verdaut, wodurch ihre wesentlichen Bestandteile freigesetzt werden und so dem Organismus zur Verfügung stehen.
Zurück zum Treibhausgas Methan, dass laut Umweltexperten der größte einzelne Methanproduzent ist. Methan ist ein 23mal stärkeres Treibhausgas als CO2. Durchschnittlich gibt eine Milchkuh bis zu 500 Liter Methan täglich an die Umwelt ab. Eine Reduzierung der Methanproduktion in der Viehzucht könnte einen wesentlichen Faktor für die Verringerung von Treibhausgasen darstellen. Britische Forscher versuchen mit Hilfe von Nahrungsmittelzusätzen den Ausstoß von Methan wesentlich zu verringern. Vielversprechend scheint dabei die Beimischung von Knoblauch zur Nahrung zu sein. Die Forscher versuchten auch neue Nahrungspflanzen und Gräser mit höherem Zuckergehalt einzusetzen, so der Forschungsleiter Jamie Newbold vom Institute for Rural Sciences. Aber die Versuche mit Knoblauch waren am vielversprechendsten, so Newbold. Knoblauch greift nach seinen Ausführungen direkt jene Mikroorganismen im Darm an, die Methan produzieren. Dadurch könnte die Methanproduktion um 50 Prozent gesenkt werden, meint der Forscher.
Was die Forscher, von der Universität Aberystwyth in Wales und ihre Kollegen der Universität Bangor und Reading weiter interessiert, ist die Frage, ob der Knoblauch den Geschmack des Fleisches oder der Milch verändert. Winfried Drochner, Leiter des Instituts für Tierernährung an der Universität Hohenheim, sieht die Gabe von Knoblauch in der Nahrung von Wiederkäuern nur als eine von vielen Möglichkeiten. Es gehe hier prinzipiell um den Wirkstoff Alizin, der Methan wirksam reduziert. Drochner sieht aber nur in weltweiten Maßnahmen Chancen, Methan zu reduzieren. Er arbeitet an einem Bolus, der den Kühen eingegeben wird und im Vormagen Stoffe freisetzt, die die Methan produzierenden Mikroorganismen in der Vermehrung hemmen. In Kombination mit einer speziellen Diät und anderen Fütterungszeiten soll so die klimaschädliche Methanproduktion reduziert werden. Ein weiterer Vorteil der Methanreduktion ist seiner Meinung nach die höhere Leistung der Tiere.